In Etappen zum Deutschlandtakt

Der Deutschlandtakt kann nicht in einem Schritt verwirklicht werden. Eine Aufteilung in Etappen ist notwendig. Dies erfordert nicht nur die Betrachtung der Wirkungen auf Fahrplan, Kapazität und Umwelt, sondern auch eine neu gestaltete Finanzierung über Finanzfonds.

Der Weg vom Status-Quo zum Ziel

Seit der Vorstellung des dritten Zielfahrplans im Juni 2020 hat der Deutschlandtakt einen Reifegrad erreicht, auf dessen Basis der zukünftige Infrastrukturausbau geplant werden kann. Der Zielfahrplan soll zwar kontinuierlich weiterentwickelt werden, aber große diametrale Umbrüche sind nicht mehr zu erwarten.
Nun stellt sich die Frage: Was machen wir mit dem Plan und wie kommen wir vom Ist-Zustand zum Deutschlandtakt-Zustand? Wenig Sinn würde es machen, den gesamten Deutschlandtakt zu planen und dann in einem Ruck zu bauen und in Betrieb zu nehmen. Infrastruktur, die Jahrzehnte lang nicht genutzt würde, wäre die Folge. Die bisherige Strategie bei der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans, nach politischer Gunst – häufig gingen Investitionen bevorzugt in die Wahlkreise der Mitglieder des Haushaltsausschusses – passt nicht zur Deutschlandtakt-Methodik anstelle sich an der Infrastruktur am Fahrplan zu orientieren.
Deutschlandtakt in Etappen
Aufteilung der Umsetzung des Deutschlandtakts in mehrere Etappen

Dazu muss die Umsetzung des Deutschlandtakts in mehrere Etappen zerlegt werden. Jede Etappe hat dabei einen Etappenfahrplan und eine dafür notwendige Etappeninfrastruktur (zu dessen Zusammenstellung siehe unten). Desto weiter eine Etappe entfernt ist, desto niedriger ist die Planungsgenauigkeit – eine seriöse Voraussage, ob eine Neubaustrecke Nürnberg–Würzburg 2038 oder 2039 in Betrieb geht, ist nicht möglich, sehr wohl aber eine Eingrenzung auf 2035–2040 oder 2040–2045. Aus diesem Grund werden die langfristigeren Etappen auch größer, um eine glaubwürdige Abschätzung zu gewährleisten.

Dabei gibt es zahlreiche Maßnahmen, die in einer späteren Etappe in Betrieb genommen werden, aber deren Bau bereits in einer Voretappe beginnen muss. Die großen Neubaustrecken werden dabei frühestens in der zweiten Hälfte der 30er Jahre fertig, müssen aber jetzt geplant werden. Große Projekte, bei denen der Bestand ausgebaut werden muss – erst recht, wenn dies unter rollendem Rad erfolgen muss – können noch deutlich länger brauchen. Diese Projekte müssen auch bei der Finanzierung mitbedacht werden. Finden Teile des Baus eines Projekts für eine spätere Etappe in einer vorhergehenden Etappe statt, so muss entweder deren Finanzierungsrahmen erweitert werden oder Maßnahmen müssen nach hinten verschoben werden.
Das Konzept, den Deutschlandtakt in Etappen umzusetzen, wird iterativ und regelmäßig weiterentwickelt. Wenn Realisierungszeitpunkte näher rücken, zerfallen mittelfristige Etappen in kurzfristige Etappen und langfristige Etappen in mittelfristige Etappen. Gleichzeitig kann so auf nicht erwartetet Einflüsse reagiert werden. Wenn beispielsweise aufgrund kurzfristiger Finanzspritzen Projekte aus späteren Etappen vorgezogen werden, kann deren Volumen neu verplant werden.
Das Konzept, den Deutschlandtakt in Etappen umzusetzen, wird iterativ und regelmäßig weiterentwickelt. Wenn Realisierungszeitpunkte näher rücken, zerfallen mittelfristige Etappen in kurzfristige Etappen und langfristige Etappen in mittelfristige Etappen. Gleichzeitig kann so auf nicht erwartete Einflüsse reagiert werden. Wenn beispielsweise aufgrund kurzfristiger Finanzspritzen Projekte aus späteren Etappen vorgezogen werden, kann deren Volumen neu verplant werden. Überlagert ist dies mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Deutschlandtakts. Käme beispielsweise eine Fernverkehrslinie Nürnberg – Hof – Dresden – Görlitz – Breslau hinzu, müsste die dafür notwendige Infrastruktur in die Etappierung integriert werden und diskutiert werden, wann der richtige Zeitpunkt für deren Umsetzung ist.
Dieses Herangehen ist sinnvoll, denn der Deutschlandtakt nie endgültig fertig sein. Die Schweiz hat mit Bahn 2000 und dessen Erweiterungsstufen gezeigt, dass es immer noch ein Projekt mehr gibt, das sinnvoll integriert werden kann. Wo heute noch zwei Gleise für Fern- und Nahverkehr reichen, kann es sein, dass sich der Aufgabenträger des Nahverkehrs in einigen Jahren entscheidet, den Takt zu verdichten und ein S-Bahn-Angebot einzuführen, das eigene Gleise notwendig macht.

Wie entsteht eine Etappe?

Nicht nur braucht es generell eine Etappierung, sondern auch ein Konzept zur Aufstellung einer jeden Etappe, welches die richtigen Projekte für die Etappe definiert.

Etappe im Deutschlandtakt
Erstellung von Zielfahrplan und -Infrastruktur einer jeden Etappe

Jede Etappe startet mit zwei Eingangsgrößen:
Die Start-Infrastruktur eine Etappe setzt sich aus der heutigen Ist-Infrastruktur und der Infrastruktur, die in den Voretappen fertiggestellt werden soll, zusammen. Der mögliche Infrastrukturausbau ist die Summe aller Maßnahmen, die bei sofortigem Planungsstart mit hoher Wahrscheinlichkeit bis zum Ende der Etappe umgesetzt werden können. Diese Größe muss vom Infrastrukturbetreiber, bei Bundesinfrastruktur also aktuell die DB Netz und zukünftig InfraGO.
Auf Basis dieser Eingangsgrößen wird ein maximaler Etappenfahrplan geschaffen. Dieser basiert einerseits auf den politischen Zielen (z. B. geplante Bestellung von Leistungen) und auf Marktwünschen (welche Strecken und Leistungen will und kann man fahren). Diese Einbeziehung dient auch dazu, zu verhindern, dass z. B. wegen zu einem Zeitpunkt noch nicht verfügbarer Fahrzeuge eine Infrastruktur in Betrieb geht, aber nicht genutzt wird.
Basierend darauf werden mehrere Bündel geschnürt, die eine bestimmte Fahrplanmaßnahme und die dafür notwendige Infrastruktur enthalten. Ein mögliches Beispiel wäre:
• Fahrplanmaßnahme: zwei Züge pro Stunde München – Berlin bei stündlichem Sprinter
• Infrastruktur (Beispiel, nicht abschließend):
> Optimierung Gleisvorfeld München Hbf,
> Drittes Ferngleis Dachau – München Hbf,
> Viergleisiger Ausbau Ingolstadt – Petershausen,
> NBS Würzburg – Nürnberg im Abschnitt Nürnberg – Eltersdorf,
> Überwerfungsbauwerk Erfurt,
> Anpassung und Bau von Weichen im Bereich Leipzig Messe Nord–Leipzig Messe,
> viergleisiger Ausbau Berlin Südkreuz – Ludwigsfelde.
Bündel können sich dabei überlagern (z. B. wenn für die Verdichtung der Takte auf zwei Außenästen der Ausbau der gleichen Kernstrecke notwendig ist). Neben bekannten Infrastrukturmaßnahmen aus dem Deutschlandtakt können zusätzlich noch kleine und mittlere Maßnahmen hinzukommen, die z. B. einen stabileren Betrieb ermöglichen oder deren Bedarf erst bei einer mikroskopischen Betrachtung festgestellt wurde.
Um hier Bündel schnüren zu können, die Nah- und Fernverkehr kombinieren, sind – wie von der Beschleunigungskommission Schiene vorgeschlagen – Schienenfonds notwendig, die Neu- und Ausbaumittel bündeln und die Trennung unterschiedlicher Finanzierungswerkzeuge überwindbar machen.
Diese Bündel werden anschließend priorisiert. Hierbei soll ein objektives Kriterium herangezogen werden. Diskutiert werden die Anzahl der zusätzlich geschaffenen Passier- und Tonnenkilometer oder die Menge eingesparten CO₂.
Abhängig vom verfügbaren Mittelvolumen wird dann ein Teil der Fahrplanmaßnahmen als Etappenfahrplan mit einer Etappeninfrastruktur übernommen. Diese geht dann als Start-Infrastruktur in die Folgeetappe ein. Durch die Darstellung über Fahrplanmaßnahmen, statt einzelner Infrastrukturmaßnahmen wird für die Haushaltspolitik die Entscheidung transparenter, was eine Reduzierung oder Erhöhung des Budgets an verkehrlichen Auswirkungen hat.
Mit Etappenfahrplan und Etappeninfrastruktur soll eine Verbindlichkeit beim Infrastrukturausbau geschaffen werden. Dazu soll mit den umsetzenden Infrastrukturunternehmen auch eine Leistungsvereinbarung mit konkreten Fertigstellungstermine und Zwischentermine (z. B. bis wann muss die Vorplanung stehen, bis wann die Genehmigungsplanung eingereicht sein).